Interview mit Gaffar Taha

Es liegt enormes Potential in der Begegnung von zwei völlig fremden Personen. Noch in den kurzen Momenten vor dem eigentlichen Kennenlernen, noch gänzlich unvoreingenommen, laufen bereits die ersten unbewussten Prozesse in uns ab: „Beim ersten Kennenlernen entscheiden zwei Fragen, ob aus dem anderen ein Freund, Feind oder sogar Liebhaber werden kann“ und zwar: „Kann ich dir vertrauen?“ und „Kann ich dich respektieren?“ sagt Harvard-Professorin Amy Cuddy. John Gottman, US-amerikanischer Psychologe und Professor für Psychologie an der University of Washington, der als ‚Einstein der Liebe‘ gilt, sagt: „Wenn der Partner das Gefühl habe, sich mit allem, was ihn ausmacht, öffnen zu können, ohne negative Konsequenzen fürchten zu müssen, dann erreiche man die maximale Nähe zwischen zwei Menschen“.

Das Hemispheres World Magazine sprach mit Gaffar Taha darüber, wie gute Beziehungen entstehen, was ein starkes Netzwerk ausmacht, soziale Dynamik, Vertrauen, wie wir gemeinsam als Gesellschaft über unseren eigenen Tellerrand schauen und eine Kultur des Gebens schaffen können.


HWM: Wo kommst du her? Wo willst du hin?


Gaffar Taha: Aufgewachsen bin ich in einer sozial schwachen Familie in Kreuzberg – ohne viele Impulse von außen diese ‚Box‘ einmal zu verlassen. Noch vor 6 Jahren hätte ich gesagt: „Ich möchte vom Bordstein bis zur Skyline“ – aufgrund meines Umfeldes wollte ich immer schon nach oben schauen. Heute würde ich mit meinen eigenen Worten sagen: „Ich sehe meine Mission darin, Menschen zusammen zu bringen, zu vernetzen und eine bessere Welt zu schaffen“. Ich möchte Menschen unterstützen, die keine guten Startbedingungen hatten. Ich glaube, dass Menschen etwas verändern wenn sie die Chance dazu bekommen.


HWM: Was macht ein gutes Netzwerk aus? Wie entstehen gute Beziehungen zwischen Menschen?


Gaffar Taha: Ich hätte da eine Metapher. Ein gutes Netzwerk sind wie die Wurzeln eines Baumes. Wenn ich alles verliere und nichts mehr habe ist ein gutes Netzwerk immer für dich da. Die Wurzeln halten dich im Boden. Du kannst dich immer auf dein Netzwerk verlassen, egal ob du z.B. deinen Job verlierst und finanzielle Unterstützung, Hilfe bei der Suche nach einem neuen Job oder einfach Motivation benötigst.

Es gibt für mich zwei Möglichkeiten wie gute Beziehungen entstehen: Der langfristige Vertrauensaufbau oder eine Krise. Man muss eine Krise, ein emotionales Erdbeben oder Erlebnis miteinander geteilt haben. Beziehungen wachsen dann zusammen, wenn wir in Kontakt mit der anderen Person sind, wenn wir uns gut unterhalten oder die Selben Interessengebiete haben – oder durch Krisen, im positiven Sinne, gehen. Wenn du etwas zusammen erlebst und Spaß miteinander hast, gemeinsame Interessen und Hobbys teilst, gibst du dem anderen einen Blick in deine Welt.


HWM: Wie entsteht Vertrauen oder eine eine vertrauensvolle Umgebung?


Gaffar Taha: Ein gemeinsames, emotionales Erleben kann dazu führen, dass wir unsere Masken ablegen. Gerade wenn wir unsere Interessen ausleben, sind wir mehr wir selbst, statt uns hinter einer Maske zu verstecken. Das sieht der Partner oder unser Kontakt. Der Vorteil bei Netzwerkveranstaltungen ist, dass der Veranstalter die Teilnehmer zum ‚verbinden‘ motiviert und sie auf dem Weg der ersten Begegnung führt, z.B. auch schüchternen Menschen aktiv Mut zu machen und ihnen das Handwerkszeug dafür in die Hand geben auf andere Menschen zuzugehen. Vertrauen entsteht dadurch, dass wir ehrlich und offen auf die Menschen zu gehen, erst einmal zuhören und sie nicht gleich mit unseren eigenen ‚Problemen‘ oder Angeboten belästigen, sondern fragen: „Was sind deine Träume? Was sind deine Interessen? Was sind deine Visionen?“. Weg vom Geschäftlichen, hin zum Menschen. Bevor ich daran denke: „Wie kann dieser Mensch MIR helfen?“ frage ich: „Wie kann ich dich unterstützen?“.


HWM: Denkst du, dass man in soziale Beziehungen „investieren“ muss, bevor man etwas erwarten kann?


Gaffar Taha: Viele Menschen wollen erst einmal etwas haben und denken zunächst an ihren eigenen Profit. Wir müssen erst einmal investieren und dabei weniger an uns selbst denken. Frage dich: „Wie kann ich diesen Menschen unterstützen? Wo liegen seine Probleme für die ich eine Lösung haben könnte?“. Biete den Menschen deine Unterstützung an, weniger, weil du später etwas dafür zurück bekommst oder erwartest – sondern werde zum Geber. Gib einfach und schaue, was passiert. Du wirst etwas Fantastisches erleben, wenn du das tust.

Es gibt eine Art Formel als Orientierung, die ‚Geber-Typen‘ besser zu erkennen. Einen Geber erkennst du daran, dass er sich für dich als Person interessiert und nicht in erster Linie auf seinen eigenen Profit aus ist. Er fragt dich, wie er dich unterstützen kann und macht es dann auch wirklich! Halte dich von den ‚Nehmer-Typen‘ fern. Das sind Menschen die kommen auf dich zu und wollen Informationen, deine Dienstleistungen – ohne etwas zurück geben zu wollen. Sie wollen nehmen und sind dann einfach weg. Dann gibt es noch den ‚Erwartungsvollen‘, dieser erwartet, dass du zuerst gibst. Das bedeutet, er möchte erst einmal die Leistung von dir haben bevor er dir vertrauen kann und gibt erst später etwas dafür zurück. Dann gibt es noch den ‚Hoffnungsvollen‘, das ist der Mensch, der wir vielleicht selbst – oder teilweise sind. Menschen die etwas geben, im voraus, aber sich insgeheim erhoffen, dass sie etwas zurückbekommen – was auch vollkommen in Ordnung ist. Die beste Stufe ist der ‚Geber‘, das ist das Hauptziel – dorthin zu gelangen ist aber ein Prozess.


HWM: Oft hören wir mehr auf andere Menschen, als auf unsere eigene Stimme. Unsere große Angst ist weder das Scheitern, noch Versagen – sondern zu strahlen, erfolgreich zu sein und aus der Reihe zu tanzen. Wie kann Dir egal werden, was andere von Dir denken?


Gaffar Taha: Beginne bei dir selbst, lerne dich besser kennen, reflektiere dich jeden Tag – das ist meine Empfehlung: „Wer bin ich eigentlich? Wo sind meine Grenzen?“. Nachdem du deine Grenzen definiert hast, kannst du diese überschreiten. Aus deiner Box, oder auch Komfort-Zone springen: „Was traue ich mich nicht zu tun?“. Egal ob es das Singen in der U-Bahn ist oder andere Herausforderungen, die du überhaupt niemals machen würdest. Mach es einfach. Denke nicht lange darüber nach. Damals habe ich Perspektiven die mir nicht gefallen haben einfach ausgeblendet. Heute sehe ich das anders – es gibt keine falschen Perspektiven, jede Perspektive ist wahr. Wenn du die Dinge aus vielen Blickwinkeln betrachtest, wirst du die Welt besser verstehen. Die wahre Kunst für mich ist es, jederzeit auf verschiedene Perspektiven zugreifen zu können und den Fokus nicht nur auf seine eigenen Blickwinkel festzulegen – es gibt immer noch eine andere Seite.


HWM: Wie können wir gemeinsam als Gesellschaft eine Kultur des Gebens schaffen?


Gaffar Taha: Ein Netzwerk und eine Plattform für alle Menschen zu schaffen, die die Kultur des Gebens verstanden haben oder offen dafür sind, sie zu erlernen. Ich finde es wichtig, andere Menschen zu inspirieren und die Kultur des Gebens einfach weitergeben. Alle, die dieses Wissen besitzen, tragen eine Verantwortung. Es ist ein Traum von mir, jedem Menschen einen Impuls in diese Richtung zu geben. Ich werde nicht jeden Mensch erreichen können und vielleicht war gerade mein Impuls nicht der ausschlaggebende Punkt – aber dann kommst du und gibst einen ähnlichen Impuls. Irgendwann wird diese Person es auch verstehen, auf den Zug springen und in Richtung Kultur des Gebens fahren.

Ich sehe es wirklich als meine Lebensaufgabe und ich möchte mich dieser Mission widmen ein Vorbild zu sein, mit dem was ich tue, wie ich es tue, wie ich mich verhalte, wie ich mit Menschen rede – das gehört alles dazu. Das ist meine Mission: „Was ist der beste Gaffar?“. Der beste Gaffar flucht nicht, beleidigt nicht, sondern gibt den Menschen einen positiven Impuls, dass es auch anders geht.



Über Gaffar Taha

Gaffar Taha ist Unternehmer und Gründer der Vitamin B – Events in Berlin.

Die Quelle seines Unternehmertums war die Idee Menschen auf eine neue und moderne Art zu verbinden. Im Vordergrund stehen für ihn dabei der Respekt und die Anerkennung gegenüber individueller Persönlichkeiten. Seine Inspiration ist Menschen zu neuen Projekten zu motivieren, über sich hinaus wachsen zu lassen und gleichzeitig den richtigen Partner für große Projekte zu finden.

Die Unternehmensphilosophie basiert darauf, menschliche Beziehungen zu schaffen, die auf Vertrauen und Moral beruhen. Der Mensch mit seiner Leidenschaft steht im Mittelpunkt und nicht seine Position oder gesellschaftlicher Rang. Das Motto ist: „Wen wir suchen ist keine Visitenkarte, sondern der Mensch mit seinen Visionen und Träumen“. Denn es geht nicht um den Verkauf von Produkten, sondern um die Darstellung des Menschen und seiner Wünsche.

Was ihm wichtig ist, sind Menschen die positiv in die Zukunft starten möchten und dabei die Gesellschaft verändern und gestalten wollen. Seine Arbeit und seine Projekte basieren auf dem „Prinzip des Gebens“, wobei das Geben bedingungslos ist und ohne Erwartungen an erster Stelle steht. Der Moment, wenn zwei Menschen zusammenkommen und mit Freude ein gemeinsames Projekt umsetzen ist die Erfüllung für den jungen Netzwerker!